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Verstehen

Mit welcher Himmelskraft
musstest du
mein Bruder
meine Schwester
gelitten und bewahrt
und durchgetragen haben
bedroht durch dunkle Welt
dass heute noch
dein Auge leuchtet?

Was musstest du
meine Schwester
mein Bruder
an Himmelsgaben
alles lassen
dass du dich
so verschliessen musst
das letzte Gut zu wahren.

Jeder Mensch
bringt anfangs zur Welt
das offene Leuchten
seiner Kinderaugen
voller Vertrauen
gutem Willen
und sprühender Liebe.

Wenn du heute
in ein Menschenauge blickst
und siehst Misstrauen
Angst und Verbitterung nur
dann bedenke
was dieses Menschenkind
an Bitterkeit, Bedrohung
und Erniedrigung
auf seinem Lebensweg
erleiden musste.

Indem du das bedenkst
findest du den Keim
der das Leben, die Freude
die Liebe wieder erweckt
und segnend alte Wunden
zu heilen beginnt
in dir und in mir
und in jedem Menschenbruder
jeder Menschenschwester.

 

 

 

Zum 60. Geburtstag

Was kümmert mit 60  uns Jugend und Alter
längst ward aus dem Räupchen ein kräftiger Falter
verwandelt sich weiter zum Faltenverwalter
Lieber Freund, lass dich nicht verdriessen
die sich bildenden Runzeln mit Lust zu geniessen
denn diese Zeichnung, die Stirnenwellen
und auch die Grübchen an anderen Stellen
die sind das Gemälde wirkenden Lebens
das Fotoalbum deines Suchens und Strebens
gewiss wird dir einstens ein Denkmal beschert
 doch vorerst zeugen Fürchlein von innerem Wert
sie zeichnen Charakter in dein Gesicht
aus welchem so wunderbar Menschlichkeit spricht.
Und wenn an dir einmal der Selbstzweifel frisst,
vergiss nicht, wir lieben dich so wie du bist!

Gefährliches Leben

Was wäre ein Ei, blieb’ es ewig geschlossen
was eine Nuss, wenn niemand sie knackt
Wie wäre das Sein ein unsinnig Streben
bliebe der Mensch ungeboren und nackt

Wohl ists gefährlich hier auf der Erde
das Schicksal, die Feinde, die Kälte, der Wind
Bedrohung gibt’s viele, wir müssen uns schützen
die Waisen, die Greisen, die Kranken, das Kind

Doch wär‘ nichts geboren, bliebe leblos die Erd’
so gäb’s nichts zu schützen und nichts wär was wert
Es fehlte der Sinn, – auch das Ziel und das Glück
und das Sein verkümmerte zum Anfang zurück

Gehst du dahin?

Gehst du da hin
wo die Kindlein sterben
die trotz Schmerzen
zur Welt gekommen
die Hoffnung gebracht
die nichts genommen
als den Krümel Brot
das Schlücklein Wasser vom Brunnen.

Gehst du da hin
wo keiner sonst
ihnen gibt was sie brauchen
sie sind doch schon tot
am ihr Leben aushauchen
und die Hoffnung, ihre Hoffnung
deine Hoffnung mit ihnen auch

Gehst du da hin
wo der Augenglanz erloschen,
die Gesichtchen verblichen
und das verstorbene Herz
das grösser noch als sie selber
in der Mutter noch zuckt.

Gehst du da hin
wo die leere Mutterhülle
dies Herz noch immer birgt
und sagst ihr, – es war ich,
der deinem Kind den Krümel stahl
meinem Hund das Fell zu glätten?

Hingabe an das Leben

Für Stephan

Was nah war liegt ferne
was fern war liegt nah
Selbst das Licht fernster Sterne
leuchtet hier und ist da

Leben ist Geben 
Geben und Nehmen
Nehmen ist endlich     
Geben nicht       
Geben ist schlicht                
unendlich 

Unendlich ist alles               
alles und nichts          
Nichts ist vergebens    
Der Tod selbst versprichts     
«ich bin dein Geben,  
Hingabe an’s Leben»